Beleidigung von Arbeitskollegen – fristlos gekündigt

Arbeitnehmer müssen mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn sie Kollegen massiv beleidigen. Dies hat das LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.05.2016 – 4 Sa 350/15) in seiner aktuellen Entscheidung festgehalten.

Dem LAG Rheinland-Pfalz lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die am 28.05.1969 geborene Klägerin war bei dem Beklagten seit dem 01.12.1994 als Kinderkrankenschwester beschäftigt. Unter dem Datum vom 07.07.2014 erteilte der Beklagte der Klägerin drei Abmahnungen. Die erste Abmahnung ist überschrieben mit „Abmahnung wegen Entfernen vom Arbeitsplatz“ und betrifft einen Vorfall vom 27.06.2014. Die zweite Abmahnung ist überschrieben mit „Abmahnung wegen Beleidigung“ und betrifft eine Äußerung der Klägerin gegenüber ihrer Gruppenleiterin. Die dritte Abmahnung ist überschrieben mit „Abmahnung wegen Tätlichkeit“ und betrifft einen Vorfall vom 01.07.2014 zwischen der Klägerin und ihrer Kollegin.

Am Abend des 30.09.2014 versandte die Klägerin (nach vorherigem Alkoholgenuss) an ihre Arbeitskollegin eine SMS folgenden Wortlauts:

„Hi Arschloch. Meine liebe Irene könnt sich heute noch bekotzen, dass du sie umarnt hast u. dich verabschiedet hast! Der L. kam auf mich zu wegen Hygiene, habe gesagt dass du bereit warst Tuberkulose ins Haus einzuschleppen, und du gendrell 5 Kinder aus Feinheit nicht betreut hast. Er hat mich um HYGIENe Gebeten, ich konnte ihn die faule Sau sagen.“

Mit Schreiben vom 13.10.2014 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos sowie hilfsweise außerordentlich.

Die Klägerin reichte zunächst Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Mainz ein und beantragte festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung, noch durch die außerordentliche Kündigung aufgelöst wurde.

Das Arbeitsgericht hat die Klage in der Folgezeit im Wesentlichen abgewiesen. Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin ihr ursprüngliches Klageziel weiter. Das LAG Rheinland-Pfalz hat der Berufung der Klägerin jedoch nicht abgeholfen und die Berufung kostenpflichtig zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LAG u.a. ausgeführt:

„Ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB ist nach der allgemeinen gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d.h. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen (…).

Es ist allgemein anerkannt, dass grobe Beleidigungen von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen und eine außerordentliche, fristlose Kündigung an sich rechtfertigen. Der Arbeitnehmer kann sich dann nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen (BAG v. 10.10.2002 – 2 AZR 418/01 – EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr. 1, m.w.N.).

Vorliegend steht aufgrund des unstreitigen Sachverhalts fest, dass die Klägerin am 30.09.2014 ihre Arbeitskollegin in besonders grober Weise beleidigt hat. Die von der Klägerin am Abend des betreffenden Tages an ihre Kollegin S. versandte SMS enthält mehrere schwerwiegende Beleidigungen („Arschloch“, „faule Sau“, „…könnte sich bekotzen, dass du sie umarmt hast…“) bzw. beleidigende Anschuldigungen („dass du bereit warst, Tuberkulose ins Haus einzuschleppen, dass du generell 5 Kinder aus Feinheit nicht betreut hast“). Die SMS hat ihrem Inhalt nach auch einen eindeutigen dienstlichen Bezug und kann daher nicht ausschließlich dem privaten Lebensbereich der Klägerin zugeordnet werden. Das Verhalten der Klägerin stellt zweifellos einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB dar (…).

Letztlich steht auch das Ergebnis der bei jeder Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung der Wirksamkeit der streitbefangenen außerordentlichen Kündigung nicht entgegen. Zwar spricht zugunsten der Klägerin deren lange Betriebszugehörigkeit von fast 20 Jahren bei Kündigungsausspruch. Demgegenüber ist jedoch zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er als Arbeitgeber schwerwiegende Beleidigungen unter seinen Beschäftigten schlichtweg nicht dulden kann. Überdies war das Fehlverhalten der Klägerin geeignet, den Betriebsfrieden irreparabel zu zerstören. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, die das Fehlverhalten der Klägerin einem günstigeren Licht erscheinen lassen könnten. Auch wenn die Klägerin durch den vorherigen Genuss von Alkohol enthemmt gewesen sein sollte, so fällt dies im Rahmen der Interessenabwägung nicht zu ihren Gunsten ins Gewicht“.

Das Urteil dürfte viele Arbeitnehmer überraschen, da nicht nur Beleidigungen des Vorgesetzten zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen können. Das LAG macht deutlich, dass Arbeitgeber schwerwiegende Beleidigungen unter Beschäftigten schlichtweg nicht dulden müssen, da hierdurch der Betriebsfrieden irreparabel gestört wird.

Für Fragen rund um das Arbeitsrecht steht Ihnen unser Fachanwalt für Arbeitsrecht und unsere Anwältin für Arbeitsrecht gerne zur Verfügung.

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