Anklage wegen Trunkenheit im Verkehr

Die Temperaturen steigen und man wird in den nächsten Wochen auch wieder vermehrt Inlineskater im Straßenverkehr antreffen. Umstritten ist die Frage, wie der Fall zu beurteilen ist, wenn ein Inlineskater mit Alkohol im Blut erwischt wird. Mit einem solchen Sachverhalt hatte sich unlängst das Landgericht Landshut zu befassen.

Der Entscheidung des LG Landshut vom 09.02.2016 – 6 Qs 281/15 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Mai 2015 kamen gegen den Beschuldigten, dieser war am Tattag alkoholisiert mit seinen Inlineskates unterwegs, Ermittlungen in Gang. Die Staatsanwaltschaft hat den Sachverhalt unter der rechtlichen Würdigung der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB angeklagt.

Das Amtsgericht Landshut lehnte in der Folgezeit den Erlass des Strafbefehls aus rechtlichen Gründen ab. Gegen diesen Beschluss legte die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde gemäß § 311 Abs. 2 StPO ein. Die Staatsanwaltschaft legte die Akte dem Landgericht zur Entscheidung vor. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hatte keinen Erfolg.

Der § 316 StGB erfordert u. a. das Führen eines Fahrzeugs. Die Problematik spitzt sich daher auf die Frage zu, ob Inlineskates unter den Begriff des Fahrzeugs zu subsumieren sind oder nicht. Diese Frage ist umstritten.

Fahrzeug oder Sportgerät?

Inline Skating als SportartAusgangspunkt der Überlegungen des Landgerichts war, dass sich eine positive gesetzliche Definition des Begriffs Fahrzeug nicht findet, weder im StVG noch in der StVO bzw. StVZO und auch nicht im Strafgesetzbuch.

Es finden sich nur negative Abgrenzungen. So stellt § 16 II StVZO klar, die Fortbewegungsmittel Schiebe- und Greifreifenrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller, Kinderfahrräder und ähnliche nicht motorgetriebene oder mit einem Hilfsantrieb ausgerüstete ähnliche Fortbewegungsmittel mit bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 6 km/h seien keine Fahrzeuge.

Auch § 24 STVO enthält nur die negative Abgrenzung, dass Schiebe- und Greifreifenrollstühle, Rodelschlitten, Kinderwagen, Roller, Kinderfahrräder und ähnliche nicht motorgetriebene Fortbewegungsmittel nicht Fahrzeuge im Sinne der Verordnung sind.

Gemeinhin hat sich als Begriffsbestimmung die Definition herausgebildet, dass Fahrzeuge zur Fortbewegung geeignete bewegliche Gegenstände sind, die üblicherweise dem Transport von Gütern oder Personen dienen, aber auch andere Zwecke (wie z. B. Arbeitsleistung) haben können.

Das OLG Oldenburg (vgl. Urteil vom 15.08.2000 – Az. 9 U 71/99) hat vertreten, dass Inlineskates als Fahrzeuge anzusehen seien. Diese Auffassung stützt sich neben der Definition des Fahrzeugs, wonach Fahrzeuge Gegenstände sind, die zur Fortbewegung auf dem Boden geeignet sind, und im Wesentlichen auf die durch diese erreichbare Geschwindigkeit erhöhte Gefährlichkeit des Inlineskatens.

Das OLG Oldenburg folgte der Auffassung, Inlineskates seien nur Sportgeräte im Sinne des § 31 I StVO, nicht, da diese Vorschrift nicht an die Nutzung anknüpfe, sondern nur an das Gerät. Für maßgeblich erachtet das OLG Oldenburg für die Einordnung den überwiegenden Charakter der Nutzungsform. Diese entspräche oft im täglichen Leben dem Fahrrad.

Behinderung im Straßenverkehr

Auch ist zu berücksichtigen, dass es durch Inlineskaten zu größeren Behinderungen und Gefährdungen des Fahrzeugverkehrs kommen kann, aber auch der Inlineskater selbst, da Letztere einen längeren Bremsweg und einen höheren Breitenbedarf haben (so BGH Urteil vom 19.07.2002 – Az. I ZR 330/00, abgedruckt in NJW 2002, 1955) und die Inlineskates einer schweren Beherrschbarkeit (so König in LK a. a.O. § 316 Rn. 72) unterliegen bzw. Bewegungsstabilität und Gleichgewicht erst bei höheren Geschwindigkeiten sicher erlangt werden können. Zusätzlich stellt die auch infolge der erreichbaren Geschwindigkeit erhöhte Gefährlichkeit ein weiteres nicht zu ignorierendes Argument dar.

Trotzdem vermochten diese Gesichtspunkte allein eine Fahrzeugeigenschaft – nach Ansicht des Landgerichts Landshut – nicht zu begründen.

Das LG begründete seine Auffassung, wonach Inlineskates nicht dem Fahrzeugbegriff unterfallen, wie folgt:

„Grundsätzlich stellt § 24 I 1 StVO fest, dass Inlineskates als besondere Fortbewegungsmittel keine Fahrzeuge (im Sinne dieser Verordnung) sind. Diese Festlegung in dieser Vorschrift erfolgte im Lichte der bis dahin geltenden Rechtsprechung, die Inlineskates genauso bewertete. Auch die Begründung der StVO-Neufassung vom 06.03.2013 hält ausdrücklich fest, dass es bei der schon bestehenden Rechtslage verbleiben soll, dass Inlineskates keine Fahrzeuge sind.

Diese Einstufung der Inlineskates steht in Einklang damit, dass für Fahrzeuge ein Fahrbahnbenutzungszwang gemäß § 2 I StVO besteht. Inlineskatern ist die Benutzung der Fahrbahn hingegen ausdrücklich untersagt. Dies ergibt sich eindeutig aus der Anlage zu § 1 I der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (BKatV), dem Bußgeldkatalog (BKat). Nach dessen laufender Nummer 120 a i. V. m. § 49 I Nr. 26 StVO ist ein Betrag von 10 € dann verwirkt, wenn beim Inlineskaten (…) unzulässig Fahrbahn, Seitenstreifen oder Radweg benutzt wird.

Dass nur ausnahmsweise eine Benutzung der vorgenannten Straßenteile zulässig sein kann, ergibt sich aus dem Umstand, dass § 31 I 2, I 1 StVO – dann per Zusatzschild – Inlineskaten auf Fahrbahn erlauben kann. Diese Vorschrift wäre unnötig, wenn Inlineskates als Fahrzeuge gemäß § 2 I StVO die Fahrbahn benutzen müssen.

Weiter entbehren Inlineskates – entgegen der Fahrräder – auch der von § 66 a StVZO geforderten lichttechnische Einrichtungen. Sie haben keine Bremsleuchten (§ 53 II Satz 4 Nr. 2 StVZO). Sie entbehren auch eines mehrfachen Bremssystems, wie es Fahrzeugen eigen ist, was neben ihrer geringen Größe und geringen Eigengewichts gegen eine Einstufung als Fahrzeug spricht.

Damit verbleibt es dabei, dass Inlineskates als originäre Sportgeräte weiterhin der Vorschrift des § 31 I 1 StVO unterfallen, wonach sie als Sportgeräte (nur) besondere Fortbewegungsmittel sind und danach als Sport und Spiel auf Fahrbahn und Seitenstreifen sowie Radwegen grundsätzlich nicht erlaubt sind“.

Freispruch für den Inlineskater

Der angetrunkene Inlineskater kam im Ergebnis straffrei davon. Einen Freifahrtschein für Inlineskater, zukünftig alkoholisiert unterwegs zu sein, gibt die Entscheidung des Landgerichts Landshut indes nicht her. Es gibt nämlich durchaus Stimmen in der Fachliteratur und auch das vom Landgericht Landshut zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg, die Inlineskater doch als Fahrzeuge werten.

Unsere Anwälte Herbert J. Doll sowie Matthias Schwab stehen Ihnen bei Fragen rund um das Strafrecht gerne zur Verfügung.

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