In seinem aktuellen Urteil (Urt. v. 02.11.2016, Az. 10 AZR 596/15) hat sich das Bundesarbeitsgericht zur Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts geäußert. Konkret ging es um die Frage, ob ein Arbeitnehmer während bestehender Arbeitsunfähigkeit einer Aufforderung seines Arbeitgebers zur Teilnahme an einem Personalgespräch nachkommen muss oder aufgrund der bestehenden Krankheit zuhause bleiben kann.

Der Entscheidung lag Folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein als Dokumentationsassistent beschäftigter Arbeitnehmer war mehrwöchig erkrankt. Während der Arbeitsunfähigkeit bestellte der Arbeitgeber ihn zum Personalgespräch ein, um die künftigen Einsatzmöglichkeiten zu besprechen. Der Arbeitnehmer lehnte dies unter Verweis auf die ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab.

Der Arbeitgeber forderte daraufhin die Vorlage eines weiteren ärztlichen Attests, wonach der Arbeitnehmer auch nicht zur Führung eines Personalgesprächs in der Lage sei. Dies lehnte der Arbeitnehmer ab und nahm auch an weiteren angesetzten Terminen zur Führung eines Personalgesprächs nicht teil. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine Abmahnung aus. Der Arbeitnehmer akzeptierte die Abmahnung nicht und zog hiergegen vor Gericht.

Grundsätzliche Teilnahmepflicht an Personalgesprächen

Ob eine Pflicht zur Teilnahme an Personalgesprächen grundsätzlich besteht, ist zunächst unabhängig vom Bestehen einer Krankheit zu beurteilen. Aufgrund des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts ist dem Arbeitgeber die nähere Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses vorbehalten. Hierunter fällt auch das Recht des Arbeitgebers, mit dem Arbeitnehmer Gespräche über die Erbringung und Qualität der Arbeitsleistung zu führen oder ihn z.B. über bestehende Versetzungen sowie neue Aufgaben zu informieren. An solchen Gesprächen muss der Arbeitnehmer teilnehmen.

Dies hatte das BAG bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 2009 festgehalten (BAG, Urt. v. 23.06.2009, Az. 2 AZR 606/08). Der Arbeitnehmer darf sich der Anordnung des Arbeitgebers zur Durchführung eines Personalgespräches demnach nicht widersetzen. Widersetzt er sich trotzdem, droht eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung.

Will der Arbeitgeber in dem Personalgespräch allerdings eine Veränderung des Arbeitsvertrags an sich herbeiführen, z.B. das Arbeitsverhältnis beenden oder einen Aufhebungsvertrag abschließen, besteht keine Pflicht zur Teilnahme. In diesen Konstellationen darf der Arbeitnehmer die Teilnahme am gewünschten Personalgespräch verweigern.

In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es dem Arbeitgeber um die Erörterung möglicher Einsatzmöglichkeiten nach Ablauf des befristeten Einsatzes des Arbeitnehmers als Dokumentationsassistent. Eine Änderung der arbeitsvertraglichen Inhalte war nicht beabsichtigt. Der Arbeitnehmer hätte der Anweisung zur Teilnahme an diesem Gespräch grundsätzlich Folge leisten müssen.

Im Falle einer Erkrankung

Im Falle einer Erkrankung des Arbeitnehmers, so das BAG, besteht aber weder eine Verpflichtung zur Führung eines Personalgesprächs im Betrieb, noch darf der Arbeitgeber ein entsprechend konkretisiertes Attest verlangen, geschweige denn den Arbeitnehmer bei Weigerung abmahnen. Ein erkrankter Arbeitnehmer darf der Arbeit und damit auch Personalgesprächen fernbleiben. Da der Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, braucht er auch nicht im Betrieb erscheinen oder sonstige Nebenpflichten gegenüber dem Arbeitgeber erfüllen.

Das BAG stellt in seiner Entscheidung jedoch auch heraus, dass ein generelles Kontaktverbot des Arbeitgebers zu seinem (erkrankten) Mitarbeiter nicht existiert. Der Arbeitgeber darf vielmehr z.B. auch in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer in „einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt treten“, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu besprechen. Voraussetzung für die Kontaktaufnahme ist jedoch, dass der Arbeitgeber hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Im konkreten Fall konnte das BAG kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erkennen. Die Abmahnung war daher unrechtmäßig erfolgt.

Die Entscheidung des BAG zeigt erneut, dass dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht Grenzen gesetzt sind.

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