Der BGH hat sich in seiner ganz aktuellen Entscheidung (Urteil vom 17.03.2022, Az. III ZR 79/21) mit der Frage befasst, ob Hoteliers/Gastronomen im Falle einer pandemiebedingten Schließung Entschädigungsansprüche gegen das jeweilige Land zustehen.
In dem vom BGH entschiedenen Fall erlitt eine Gastronomen-Familie aus Brandenburg hohe Einbußen, nachdem sie ihren Betrieb ab Frühjahr 2020 aufgrund der Pandemie wochenlang schließen musste. Die Familie bekam zwar 60.000 Euro Soforthilfe. Aber diese Summe deckt gerade einmal einen Bruchteil des entstandenen Schadens ab.
Der BGH entschied nunmehr, dass ein Anspruch auf Entschädigung gegen das Land in solchen Fällen nicht besteht. Auch das Potsdamer Landgericht und das Oberlandesgericht Brandenburg hatten die Klage zuvor bereits abgewiesen.
In seiner Entscheidung wies der BGH darauf hin, dass die die Entschädigungsvorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) den Gewerbetreibenden, die als infektionsschutzrechtliche Nichtstörer von einer Betriebsschließung oder -beschränkung betroffen waren, weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung einen Anspruch auf Entschädigung gewähren.
Ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung ergebe sich nicht aus § 65 Abs. 1 IfSG. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut sei die Vorschrift nur bei Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten einschlägig. „Im vorliegenden Fall dienten die Corona-Verordnungen jedoch der Bekämpfung der COVID-19-Krankheit“, so der BGH in einer Mitteilung. Diese hatte sich am 22. März 2020, dem Tag des Erlasses der Verordnung, bereits deutschlandweit ausgebreitet. „§ 65 Abs. 1 IfSG kann auch nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass der Anwendungsbereich der Norm auf Bekämpfungsmaßnahmen, die zugleich eine die Ausbreitung der Krankheit verhütende Wirkung haben, erstreckt wird“, hieß es weiter.
Eine verfassungskonforme Auslegung der IfSG-Regeln dahingehend, dass den Hoteliers eine Entschädigung zu gewähren ist, scheide ebenso aus wie eine analoge Anwendung von § 56 Abs. 1 oder § 65 Abs. 1 IfSG. Der Wortlaut der Normen sei klar und ließe eine ausdehnende Auslegung nicht zu. Außerdem fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke.
Hilfeleistungen für von der Pandemie schwer getroffene Wirtschaftsbereiche seien nach Ansicht des BGH keine Aufgabe der Staatshaftung. Aus dem Sozialstaatsprinzip folge nur eine Pflicht zu innerstaatlichem Ausgleich. Die nähere Ausgestaltung bleibe dem Gesetzgeber überlassen. In der Pandemie sei der Staat dieser Verpflichtung u.a. durch die Auflage diverser Hilfsprogramme nachgekommen.
Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen. Möglich wäre für die Gastronomen-Familie nur noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht.
Die Entscheidung hat grundsätzlichen Charakter. Auch in weiteren rechtshängigen Verfahren werden sich die Land- und Oberlandesgerichte an der BGH-Entscheidung orientieren.