Hinweispflichten eines Reisebüros

Mit einer interessanten Frage aus dem Reiserecht hatte sich in einer aktuellen Entscheidung das LG Köln (Urteil vom 29.07.2024, Az. 17 O 139/23) zu befassen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 14.04.2022 buchte der Kläger für sich, seine Lebensgefährtin und Tochter eine Pauschalreise nach Kenia im Reisebüro des Beklagten.

Am Abflugtag erhielt der Kläger vor Ort am Flughafen Frankfurt die Mitteilung, dass er mangels Visums für sich und seine Mitreisenden nicht nach Kenia einreisen könne. Hieraufhin nahm der Kläger telefonisch um 18 Uhr Kontakt zum Beklagten auf. Eine Klärung war nicht möglich.

Der Kläger und seine Mitreisenden fuhren daher wieder nach Köln zurück und führten die Reise nicht durch.

In der Folge forderte der Kläger den Beklagten zur Rückzahlung des Reisepreises auf. Er vertrat die Auffassung, der Beklagte habe auf die Visumpflicht hinweisen müssen, damit er sich rechtzeitig darum hätte kümmern können, er habe nicht gewusst, dass ein Visum notwendig sei. Einen entsprechenden Hinweis habe er weder mündlich noch schriftlich erhalten. Zudem sei die Frist zur Erlangung eines Visums bis zum Abflug sowohl bei einem Hinweis bei Buchung als auch erst recht am Flughafen zu kurz gewesen, um noch ein Visum vor Reisebeginn zu erlangen, auch bei Beantragung eines Expressvisums. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit liege bei 9 Tagen, bei einem Eilantrag bei 3 Tagen. Der Beklagte habe auch nicht angeboten, kurzfristig eine Umbuchung auf den Folgetag vorzunehmen, zudem sei auch dann nicht möglich gewesen, bis dahin ein Visum zu erlangen.

Der Beklagte vertrat in dem Verfahren die Auffassung, dass man den Beratungspflichten sehr wohl nachgekommen wäre. Bei der Buchung sei sowohl mündlich auf die Visumspflicht hingewiesen worden als auch die Buchungsunterlagen hätten einen entsprechenden Hinweis enthalten. Ferner habe man den Mann noch am Abflugtag auf eine Express-Visastelle hingewiesen. Auch betonte das Reisebüro im Rahmen des Prozesses, dass man dem Mann zusätzlich noch die Umbuchung auf den Folgetag angeboten habe.

Das Landgericht Köln gab der Klage vollumfänglich statt und führte zur Begründung u.a. aus:

Gemäß § 651v Abs. 1 BGB ist der Unternehmer, der einem Reisenden einen Pauschalreisevertrag vermittelt (Reisevermittler) verpflichtet, den Reisenden nach Maßgabe des Artikels 250 §§ 1 bis 3 EGBGB zu informieren. Der Reisevermittler trägt gegenüber dem Reisenden die Beweislast für die Erfüllung seiner Informationspflichten. Gemäß Art. 250 § 3 Nr. 6 EGBGB ist über allgemeine Pass- und Visumerfordernisse des Bestimmungslands, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa, sowie gesundheitspolizeiliche Formalitäten zu informieren.

Diese Informationspflicht erschöpft sich nicht, so das Landgericht weiter, in generellen Aussagen zu den Einreisebestimmungen, sondern anzugeben sind die konkreten Pass- und Visumerfordernisse. Zudem ist eine zumindest annähernde Zeitangabe zu den Fristen erforderlich, um ein ggf. notwendiges Visum regulär zu beschaffen. Auszugehen ist dabei vom Normalfall, nicht von der kürzestmöglichen Frist, in der eine Beschaffung gerade noch möglich erscheint. Wird zur Einreise ein Visum verlangt, so reicht es nicht aus, lediglich auf diesen Umstand im Prospekt aufmerksam zu machen. Vielmehr müssen auch die ungefähren Fristen, die zur Erlangung des Visums eingehalten werden müssen, erwähnt werden.

Diese Informationspflicht besteht nicht nur gegenüber Angehörigen des Mitgliedstaats, in dem die Reise angeboten wird, sondern gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit zugunsten aller Reiseinteressenten. Der Reiseveranstalter bzw. Reisevermittler muss also die Staatsangehörigkeit des Reiseinteressenten erfragen und entsprechende Erkundigungen einholen. Eine spezifische Regelung für ausländische Staatsangehörige findet sich nicht; das Gesetz spricht von „allgemeinen Pass- und Visumerfordernissen“ und behandelt damit Inländer und Ausländer und vor allem auch Ausländer aus anderen EU-Mitgliedstaaten und aus Drittstaaten gleich.

Nach Art. 5 Abs. 1 lit. g Pauschalreise-RL, der dieser Vorschrift zugrunde liegt, reicht es aus, wenn über die allgemeinen Visumerfordernisse des Bestimmungslands informiert wird. Den Schluss, ob und unter welchen Bedingungen der Reisende konkret ein Visum erhalten kann, muss er dagegen selbst ziehen. Ein allgemeiner Hinweis, dass für ausländische Staatsangehörige möglicherweise andere Pass- und Visumerfordernisse gelten würden, reicht nicht aus. Der Reisende muss sich nicht selbst die allgemeinen Hinweise des Ziellandes heraussuchen.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme war das Landgericht nicht überzeugt, dass der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter anlässlich der streitgegenständlichen Buchung auf Visumserfordernisse im Reiseland sowie die Fristen zur Erlangung eines Visums hingewiesen hat.

Für Fragen rund um das Reiserecht steht Ihnen Rechtsanwalt Schwab gerne zur Verfügung.