BGH lässt Kündigung von Bausparverträgen zu

In Zeiten der Niedrigzinsphase können Sparer von Zinsen von drei oder vier Prozent nur träumen. Es überrascht daher nicht, dass viele Bausparer ihre alten Bausparverträge zu den (damals) günstigen Konditionen ausreizen bzw. ausgereizt haben. Denn wer vor vielen Jahren einen Bausparvertrag abschloss, erhielt niedrige Haben-Zinsen. Dafür stand ihm nach Zuteilungsreife ein zinsgünstiges Darlehen mit bis zu fünf Prozent Zinsen zur Verfügung.

Zuteilungsreife tritt ein, wenn die vertraglich vereinbarte Mindestsparzeit erreicht und das Mindestsparguthaben angespart wurde. Die heutige Niedrigzinsphase hat die Verhältnisse aber umgekehrt. Folglich sind für Bausparer die Guthabenzinsen attraktiv, weshalb die Bausparer die Darlehen – trotz Zuteilungsreife – vielfach nicht abgerufen haben.

Die Bausparkassen sind deshalb bereits vor geraumer Zeit dazu übergegangen, Alt-Verträge mit hohen Zinsen zu kündigen. Dies wollten die Bausparer nicht hinnehmen. Der BGH (vgl. BGH, Urt. v. 21.02.2017, Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16) hat nunmehr entschieden, dass Bausparverträge gekündigt werden dürfen, wenn diese seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, auch wenn sie noch nicht voll bespart sind. Etwa 260.000 Altverträge wurden demnach nach Ansicht des BGH zu Recht gekündigt.

Entschiedene Fälle des BGH

In den beiden vom BGH entschiedenen Fällen, hatten zwei Bausparerinnen Verträge mit Wüstenrot abgeschlossen und sich für die Zukunft das Recht auf Baudarlehen von umgerechnet rund 20.000 Euro bzw. 50.000 Euro gesichert. Nach der Ansparphase erhielten die Bausparer von Wüstenrot die Mitteilung, dass sie nun den Kredit beanspruchen können und Zuteilungsreife eingetreten ist. Trotz Beendigung der Ansparphase und Mitteilung der Bausparkasse hinsichtlich der Zuteilungsreife riefen die beiden Bausparerinnen aber über mehr als ein Jahrzehnt das Baudarlehen nicht ab. Das angesparte Guthaben musste von der Bausparkasse weiterhin mit drei Prozent verzinst werden.

Diesem, für die Bausparer sehr günstigen Modell, hat der BGH mit seinen Entscheidungen jetzt eine Absage erteilt. Die Karlsruher Richter kamen zu dem Ergebnis, dass während der Ansparphase eines Bausparvertrages die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber ist. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens komme es zu einem Rollenwechsel.

Der BGH hält die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.) zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin auch in der Ansparphase für anwendbar:

„Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten (…) “.

Nach Ansicht des BGH ist die gesetzliche Regelung eindeutig und wolle jedem Darlehensnehmer, also auch den Bausparkassen in der Ansparphase, die Möglichkeit geben, sich nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang des Darlehens durch Kündigung vom Vertrag zu lösen. Auch die Voraussetzungen des Kündigungsrechts liegen nach Ansicht des BGH vor. Mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife hat die Bausparkasse unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrages das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen. Der Vertragszweck besteht für den Bausparer darin, durch die Erbringung von Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Liegen beide Voraussetzungen vor, kann die Bausparkasse – falls der Bausparer den Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren trotz Zuteilungsreife nicht abruft – den Bausparvertrag kündigen.

Allerdings müssen nicht alle Bausparer aufgrund des BGH-Urteils mit einer (berechtigten) Kündigung ihres Bausparvertrags rechnen.

Nicht alle Kündigungen gerechtfertigt

Eine Kündigung ist nach wie vor ausgeschlossen, wenn ein Bausparvertrag noch nicht zuteilungsreif ist. Auch ist eine Kündigung ausgeschlossen, wenn ein Bausparvertrag seit weniger als zehn Jahren zuteilungsreif ist und die Bausparsumme noch nicht vollständig angespart wurde.

Dennoch ist davon auszugehen, dass Bausparkassen auch Kündigungen aussprechen werden, die nicht gerechtfertigt sind. Die Aachener Bausparkasse kündigt zum Beispiel derzeit auch Altverträge, die noch nicht seit zehn Jahren zuteilungsreif sind, und begründet das mit einer „Störung der Geschäftsgrundlage“.

Bausparer sollten daher bei Erhalt einer Kündigung nicht vorschnell reagieren, sondern den Sachverhalt juristisch prüfen lassen. Einige Bausparkassen gehen sogar soweit, dass sie mit Ausspruch der Kündigung bereits das Guthaben an die Bausparer auszahlen bzw. Verrechnungsschecks an die Kunden schicken. Die eindeutige Empfehlung lautet hier Schecks nicht einzulösen bzw. ein etwaiges Guthaben nicht auszugeben.

Bausparern ist daher dringend zu raten Kündigungen der Bausparkassen nicht ungeprüft zu akzeptieren, sondern im Einzelfall die Berechtigung der Kündigung prüfen zu lassen. Sollte die Kündigung nicht gerechtfertigt sein, besteht stets die Möglichkeit die Unwirksamkeit der Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen.

Für Fragen bezüglich Ihrer Bausparverträge beraten unsere Anwälte Sie umfassend und kompetent.

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