In seiner aktuellen Entscheidung hat sich das OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, 04.12.2023 – 5 UF 48/23) mit einer häufig im Familienrecht auftauchenden Streitfrage befasst. In dem Verfahren machen die Antragsteller die wertmäßige Rückforderung einer Zuwendung an ihre damalige Schwiegertochter geltend.
Im Einzelnen:
Die 1979 geborene Antragsgegnerin führte seit 1996/97 eine Beziehung mit dem Sohn der Antragsteller, geboren 1974. Sie heirateten 2003. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 2005 und 2008 geborene Kinder hervorgegangen. Die Eheleute wohnten seit August 2005 in einem im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstück in A. mit einem 1980 errichteten Reihenmittelhaus. Zunächst zahlten die Eheleute an die Antragsteller Miete.
Anlässlich eines größeren Renovierungs- und Ausbauvorhabens übertrugen die Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 12.08.2013 ihre hälftigen Miteigentumsanteile an der Immobilie an die Eheleute zu jeweils hälftigem Miteigentum. Der Verkehrswert des Anwesens betrug zu diesem Zeitpunkt 390.000 €. Die Eheleute übernahmen eine in Höhe von 90.000 € valutierende Grundschuld und renovierten anschließend das Haus, wofür sie ein weiteres Darlehen in Höhe von 150.000 € aufnahmen. Die Eheleute und ihre Kinder nutzten das Haus gemeinsam bis zum trennungsbedingten Auszug der Antragsgegnerin am 24.07.2017. Am 27.06.2018 wurde der von der Antragsgegnerin eingereichte Scheidungsantrag zugestellt. Die Scheidung wurde im März 2023 ausgesprochen und ist rechtskräftig.
Mit Anwaltsschreiben vom 03.06.2019 forderten die Antragsteller die Antragsgegnerin auf, einen Betrag von 103.600 € zu zahlen (ausgehend von einem Bruttowert des Hauses von 320.000 € und einem Abzug für Zweckerreichung von 4 weiteren Ehejahren im Verhältnis zu 40,24 Jahren Lebenserwartung des Sohnes der Antragsteller). Die Antragsgegnerin lehnte ab.
Gegenüber dem erstinstanzlich befassten Familiengericht wurde sodann der genannte Betrag von 103.600 € geltend gemacht. Nachdem das gerichtliche Sachverständigengutachten einen Bruttowert von 390.000 € ergeben hatte, machten die Antragsteller antragserweiternd einen Betrag von 135.305 € nebst Zinsen geltend.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.01.2023 hat das Familiengericht die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragsteller einen Betrag von 60.000 € nebst Zinsen sowie darauf beruhende vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen und den Antrag im Übrigen abgewiesen.
Hiergegen haben die Beteiligten Beschwerde zum OLG Karlsruhe eingelegt.
Das OLG hat in seiner Entscheidung noch einmal ausführlich dargelegt, dass eine Schenkung der Antragsteller als damalige Schwiegereltern (auch) an die Antragsgegnerin als damalige Schwiegertochter vorliegt. Bei der Übertragung des Miteigentumsanteils handelt es sich um eine unentgeltliche Vermögenszuwendung aus dem Vermögen der Antragsteller im Sinne von § 516 Abs. 1 BGB, die die Antragsgegnerin bereichert hat.
Schwiegerelterliche Zuwendungen erfüllen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 516 Abs. 1 BGB, wenn sie um der Ehe des eigenen Kindes willen erfolgen. Insbesondere fehlt es nicht an einer Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung (grundlegend BGH vom 03.02.2010 – XII ZR 189/06, juris Rn. 21).
Für die Zuwendung der Antragsteller an die Antragsgegnerin war der Fortbestand der Ehe der Antragsgegnerin mit dem Sohn der Antragsteller Geschäftsgrundlage, so das OLG weiter.
Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. BGH vom 26.11. 2014 – XII ZB 666/13, juris Rn. 19).
Danach wird der Zuwendung von Grundeigentum, das vom Beschenkten bewohnt werden soll, regelmäßig die Vorstellung des Schenkers zugrunde liegen, die Wohnnutzung des Grundstücks werde jedenfalls von einiger Dauer sein. Insbesondere wird eine solche Zuwendung an ein Kind des Schenkers und dessen Ehepartner regelmäßig mit der Vorstellung verbunden sein, das Hausgrundstück werde jedenfalls für einige Dauer von den beschenkten Ehegatten und deren Kindern als gemeinsame Familienwohnung genutzt werden und das eigene Kind dadurch von der Schenkung an das Schwiegerkind profitieren.
Denn typischerweise ist die beabsichtigte Langfristigkeit der Nutzung ein wesentlicher Beweggrund für die Zuwendung privaten Grundeigentums, und regelmäßig ist ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt, der Schenker hätte den Geschäftswillen zur Zuwendung nicht entwickelt, wenn er gewusst hätte, dass die (gemeinsame) Nutzung der Immobilie durch die Beschenkten nur kurzfristig sein werde (so auch BGH vom 18.06.2019 – X ZR 107/16, juris Rn. 19; ebenso bereits BGH vom 26.11.2014 – XII ZB 666/13, juris Rn. 19 f.).
Die Geschäftsgrundlage einer schwiegerelterlichen Schenkung, dass die Zuwendung auch dem eigenen Kind auf Dauer zugutekommt, fällt jedenfalls dann (teilweise) weg, wenn das eigene Kind nicht im vorgestellten Umfang von der Schenkung profitiert.
Falls dies Folge des Scheiterns der Ehe des Kindes mit dem Zuwendungsempfänger ist, ist die Geschäftsgrundlage dementsprechend insoweit entfallen, als die Begünstigung des eigenen Kindes entgegen der Erwartung seiner Eltern vorzeitig endet. Rückforderungsansprüche von Schwiegereltern können dann auch nicht deswegen verneint werden, wenn das eigene Kind Miteigentümer der schwiegerelterlich zugewandten Immobilie ist und diese auch nach der Trennung weiter bewohnt (BGH vom 26.11. 2014 – XII ZB 666/13, juris Rn. 21).
Das Festhalten am Vertrag ist hier nicht zumutbar, sondern führt zu einer Vertragsanpassung. Das OLG Karlsruhe schlug der Antragsgegnerin daher im Vergleichswege einen Rückzahlungsbetrag in Höhe von 120.000,00 € vor.