Das Amtsgericht Frankenthal musste sich in seiner aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 27.12.2022 – 71 F 11/22) mit der Frage befassen, ob die bloße Zahlung eines monatlichen Betrages an den Ehegatten bereits einen Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft begründet.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde
Die Beteiligten haben im Jahr 2020 vor dem Standesamt in Frankenthal die Ehe miteinander geschlossen. Die Antragstellerin ist deutsche Staatsangehörige, der Antragsgegner ist türkischer Staatsangehöriger. Aus der Ehe sind keine gemeinsamen Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin ist Mutter einer minderjährigen Tochter.
Die Antragstellerin begehrt in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Frankenthal die Aufhebung der Ehe gem. § 1314 Nr. 5 BGB. Sie macht geltend, dass es sich um eine Scheinehe handele. Sie behauptet, zu keinem Zeitpunkt mit dem Antragsgegner eine gemeinsame Ehewohnung innegehabt zu haben. Vielmehr habe die Antragstellerin mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten in ihrer Wohnung gewohnt.
Die Ehe mit dem Antragsgegner sei derart zustande gekommen, dass der Onkel des Antragsgegners, und gleichzeitig Chef ihres ehemaligen Lebensgefährten, auf sie zugekommen sei, mit der Bitte, den Antragsgegner zu heiraten, damit dieser eine Aufenthaltserlaubnis erhalte. Die Antragstellerin habe der Eheschließung zugestimmt und im Gegenzug dafür einen monatlich laufenden Betrag in Höhe von 500,00 Euro erhalten.
Der Antragsgegner meint hingegen, dass keine Scheinehe zwischen den Beteiligten vorgelegen habe. Der Antragsgegner habe nicht in der gemeinsamen Wohnung leben können, da er die Asylunterkunft, in welcher er sich zu diesem Zeitpunkt befunden habe, nicht habe verlassen dürfen. Später sei der Antragsgegner dann zur Antragstellerin gezogen. Der Betrag in Höhe von 500,00 Euro monatlich sei Haushaltsgeld seitens des Antragsgegners gewesen, damit die Antragstellerin ihre Einkäufe von diesem Geld habe tätigen können. Die Antragstellerin stelle den Antrag auf Eheaufhebung nur, da sie von ihrer Familie unter Druck gesetzt werde. Da die Familie von Anfang an gegen die Ehe gewesen sei, solle die Aufhebung der Ehe der Wiederherstellung der Familienehre dienen
Das Amtsgericht – Familiengericht – Frankenthal hat mit dem Beschluss vom 27.12.2022 die Ehe aufgehoben und dem Antrag der Antragstellering stattgegeben.
Zur Begründung hat das Amtsgericht Frankenthal ausgeführt, dass gemäß § 1314 Absatz 2 Nr. 5 BGB eine Ehe aufgehoben werden kann, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründen wollen.
Der Gesetzgeber hat mit der Abfassung des § 1353 Absatz 1 BGB klargestellt, dass die Ehe eine Verantwortungsgemeinschaft ist. Der Kernbereich der ehelichen Lebensgemeinschaft wird auf solche Pflichten beschränkt, die sich auf gegenseitige eheliche Verantwortung der Ehegatten füreinander zurückführen lassen. Demnach sind Beistand, Hilfe, Fürsorge und Rücksichtnahme in personaler und vermögensrechtlicher Hinsicht die als solche unabdingbaren, der Verfügungsgewalt der Ehegatten entzogenen Mindestinhalte einer ehelichen Lebensgemeinschaft.
Entscheidend ist somit, ob die angestrebten Beziehungen bei einer Gesamtbetrachtung der Vorstellungen des Paares und unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als gegenseitige Übernahme von Verantwortung zu bewerten ist. Die Beziehungen der Ehegatten dürfen und werden in aller Regel über Beistand, Fürsorge und Rücksichtnahme hinausgehen, sie dürfen aber nicht hinter den genannten Anforderungen zurückbleiben. Auch wird man es nicht genügen lassen können, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will.
Aus Sicht des Gerichts ergibt sich bereits aus den Ausführungen der Beteiligten, zum Zweck der Eheschließung, dass keine Verpflichtungen gemäß § 1353 Absatz 1 BGB begründet werden sollten.
Auch aufgrund der monatlichen Zahlungen an die Antragstellerin kann sich keine andere Beurteilung ergeben. Selbst wenn dieses Geld aus Sicht des Antragsgegners als Haushaltsgeld für die Antragstellerin bestimmt gewesen sein sollte, so reicht es gerade nicht aus, dass ein Ehegatte dem anderen in finanzieller Hinsicht Beistand leistet, aber keinerlei Verantwortung im personalen Bereich übernehmen will.
Aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände ist das Amtsgericht Frankenthal daher zur Überzeugung gelangt, dass die Ehe der Beteiligten zu dem Zweck geschlossen wurde, dass der Antragsgegner einen Aufenthaltstitel erlangt.