Mit einer äußerst praxisrelevanten Frage hat sich das OVG Koblenz (vgl. Beschluss vom 15.07.2019 – 7 B 10851/19.OVG) befasst. In der genannten Entscheidung ging es um die Frage, was unter einem zumutbaren Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung zu verstehen ist.

Der in Vollzeit berufstätige Vater eines dreijährigen Kindes meldete im zugrundeliegenden Fall am 03.12.2018 sein Kind bei der Stadt Mainz für einen Platz in einer Kindertagesstätte an. Die Mutter des Kindes arbeitet seit 01.07.2019 in Teilzeit.

Die Stadt Mainz stellte einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte in Mainz-Hechtsheim (etwa 40 Minuten vom Wohnort des Kindes entfernt) ab dem 01.10.2019 in Aussicht.

Hiergegen richtete sich zunächst der Eilantrag des Kindes. Den Eilantrag, die Stadt Mainz im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Kind einen zumutbaren Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung zuzuweisen, lehnte das Verwaltungsgericht Mainz allerdings ab.

Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde des Kindes gab das OVG dem Eilantrag statt und verpflichtete die Stadt zu der beantragten Leistung.

Nach dem rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz hat ein Kind ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr einen Anspruch auf Verschaffung eines Platzes in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung zu seinem Wohnsitz. Nach dem SGB VIII hat ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Dieser Anspruch führt zu einer Gewährleistungspflicht, die den Träger der öffentlichen Jugendhilfe unabhängig von der jeweiligen finanziellen Situation der Kommunen zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots an Betreuungsplätzen zwingt.

Der Anspruch auf Verschaffung eines Platzes in einer Kindertagesstätte ist – so das OVG Koblenz weiter – auf eine zumutbar erreichbare Tageseinrichtung gerichtet. Von einer Zumutbarkeit ist nur auszugehen, wenn die Betreuungseinrichtung vom Wohnsitz des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreicht werden kann. Wenngleich bei der Beurteilung der Zumutbarkeit grundsätzlich die Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen sind, bemisst das OVG Koblenz die Zumutbarkeitsgrenze für die Erreichbarkeit des Betreuungsplatzes von der Wohnung des Kindes mit maximal 30 Minuten bei der Beanspruchung von öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die Anfahrtszeit zu der von der Stadt Mainz ab dem 01.10.2019 in Aussicht gestellten Kindertagesstätte in Mainz-Hechtsheim betrug indes rund 40 Minuten. Unabhängig davon ist es dem Kind aufgrund der Berufstätigkeit seiner Eltern zudem unzumutbar, bis zum 01.10.2019 auf einen Betreuungsplatz zuzuwarten.

Die Stadt wurde mithin verpflichtet dem Kind ab spätestens 12.08.2019 einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung zu verschaffen, der unter Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel in nicht mehr als 30 Minuten von seiner Wohnung aus erreichbar ist.

Betreuungsplätze sind heutzutage immer schwieriger zu bekommen. Die Entscheidung des OVG Koblenz hat daher sicherlich Auswirkungen auf die Praxis.

Für Fragen rund um das Verwaltungsrecht steht Ihnen Rechtsanwalt Doll, zugleich Fachanwalt für Verwaltungsrecht, jederzeit zur Verfügung.

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