Das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, 18.04.2024 – 9 U 11/23) musste sich mit einer durchaus alltagstauglichen Rechtsfrage beschäftigen.
Diverse Schnäppchenseiten im Internet weisen ihre User immer wieder auf Preisfehler in diversen Online-Shops hin, aufgrund dessen Kunden durchaus äußerst lukrative Geschäfte tätigen können. Allerdings freuen sich die Kunden meist nur kurz über Preisfehler. In der Regel haben die Shopbetreiber die Möglichkeit, falsch deklarierte Ware nicht zu versenden. Dies geht über die Anfechtung des Kaufvertrages, welche bei Preisfehlern rechtlich meist zulässig ist.
Allerdings kann es, wie der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main zeigt, auch mal anders laufen.
Durch einen – von der Beklagten sogenannten – Preisfehler bot die Beklagte in ihrem Online-Shop das Smartphone für gerade einmal 92 € an. Der UVP für das Smartphone betrug zum damaligen Zeitpunkt indes 1.099 €. Zeitgleich bot die Beklagte bei Bestellungen Kopfhörer des Smartphones als Gratisbeigabe an.
Der Kläger tätigte insgesamt drei Bestellungen, die die Beklagte bestätigte. Die in den Bestellbestätigungen ausgewiesenen Kaufpreise zahlte der Kläger über einen Zahlungsanbieter an die Beklagte.
Noch im Laufe des Tages änderte die Beklagte den Angebotspreis für das Smartphone auf 928 €.
Ein paar Tage später versandte die Beklagte die insgesamt vier Paar Kopfhörer an den Kläger und teilte ihm dies mit drei E-Mails jeweils unter Nennung der Bestellnummern mit.
Per Mail teilte die Beklagte dem Kläger im Nachgang mit, dass es bei seinen Bestellungen zu einem gravierenden Preisfehler gekommen sei und sie die Bestellung storniere. Sie forderte den Kläger auf, die vier erhaltenen Kopfhörer zurückzusenden. Nach der Rücksendung würde der bereits gezahlte Kaufpreis zurückerstattet.
Mit anwaltlichem Schreiben forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Lieferung und Übereignung der Smartphones gemäß Bestellung sowie zum Ausgleich der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf.
Das erstinstanzlich befasste Landgericht hat der auf Übergabe und Übereignung von neun Smartphones sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage vollumfänglich stattgegeben.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum OLG Frankfurt eingelegt.
Das OLG Frankfurt bestätigt indes die Rechtsauffassung des LG und hält fest, dass zwischen den Parteien Kaufverträge über insgesamt neun Smartphones zustande gekommen sind, sodass die Beklagte gemäß § 433 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet ist, diese an den Kläger zu übergeben und zu übereignen.
In den per Mail übersandten Bestellbestätigungen liegen allerdings noch keine Annahmeerklärungen der Beklagten. Eine – wie hier – automatisierte Erklärung stellt nur dann eine Annahme des Angebots dar, wenn es sich nicht nur um die Bestätigung des Eingangs einer Bestellung im Sinne von § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB handelt, sondern mit ihr die vorbehaltlose Ausführung der Bestellung angekündigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2012 – X ZR 37/12, juris Rn. 19 m.w.N.).
Mit der Übersendung der Kopfhörer als Gratisbeigabe zu jeder der drei getätigten Bestellungen hat die Beklagte indes den Antrag des Klägers auf Abschluss eines Kaufvertrags auch in Bezug auf die in der jeweiligen Bestellung enthaltenen Smartphones angenommen.
Denn anders, als wenn in einer Bestellung mehrere kostenpflichtige Artikel zusammengefasst werden, war unbedingte Voraussetzung der kostenlosen Übersendung der Kopfhörer der Erwerb eines Smartphones. Zwischen dem Erwerb des Smartphones und der Übersendung der Kopfhörer bestand ein untrennbarer Zusammenhang dergestalt, dass die kostenlose Übersendung der Kopfhörer das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrags über das Hauptprodukt – das Smartphone – voraussetzt. Der Kläger durfte die Mitteilung, dass sämtliche versprochenen Gratisbeigaben nunmehr verschickt seien, daher nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so verstehen, dass damit auch die Kaufverträge über die Smartphones bestätigt werden.
Es kann sich im Einzelfall daher lohnen, bei Preisfehlern Bestellungen auszulösen. Dass ganz erhebliche Schnäppchen möglich sind, zeigt die Entscheidung des OLG Frankfurt deutlich.