Das AG Frankenthal – Familiengericht – hat sich in seiner aktuellen Entscheidung mit dem Umfang bzw. einer möglichen Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegattens befasst. (vgl. Urteil vom 26.07.2021, Az. 4 O 47/21) befasst.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute. Sie haben im Jahr 1983 die Ehe geschlossen und leben seit dem Jahr 2016 voneinander getrennt. Die Ehe, aus der drei, zwischenzeitlich volljährige Kinder hervorgegangen sind, wurde im Jahr 2019 geschieden. Es handelte sich um eine sogenannte „Alleinverdienerehe“, das heißt, die im Jahr 1960 geborene Antragstellerin hatte während der Ehezeit nicht gearbeitet, sondern sich maßgeblich um die Kindererziehung gekümmert. Sie erzielt keine eigenen Einkünfte. Die Antragstellerin hatte in Kasachstan eine Ausbildung zur Postbotin absolviert, diesen Beruf jedoch nie ausgeübt.
Die Antragstellerin machte in dem Verfahren vor dem Familiengericht rückständigen und laufenden Ehegattenunterhalt geltend. Die Antragstellerin behauptete in dem Verfahren zudem eine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit. Um die Erwerbsunfähigkeit zu überprüfen, hat das Familiengericht zwei Sachverständigengutachten eingeholt.
Das Familiengericht hat den Anträgen überwiegend stattgegeben.
Die Antragstellerin kann von dem Antragsgegner Ehegattenunterhalt in Form des Elementarunterhalts wegen Krankheit sowie in Form des Krankenvorsorgeunterhalts verlangen. Dies ergibt sich aus § 1572 Nr. 1 BGB. Hiernach kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwächen seiner körperlichen oder geistigen Kräfte eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Krankheit braucht nicht „ehebedingt“ zu sein. Ausreichend ist die Kausalität für die Nichterwerbstätigkeit des Bedürftigen. Da alle im Rahmen der Vorschrift genannten Beeinträchtigungen den Unterhaltsanspruch aus § 1572 BGB vermitteln, ist allein maßgeblich, dass eine Einschränkung vorliegt, die zur Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit führt. Erforderlich ist ein objektiv fassbarer, regelwidriger Körper- und Geisteszustand, der länger andauert und der ärztlichen Behandlung bedarf und (teilweise oder ganz) die Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.
Nach diesem Maßstab kann von der Antragstellerin jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Scheidung wegen Krankheit eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden. Nach den Feststellungen des vom Gericht beauftragten Gutachters, leidet die Antragstellerin an diversen Beeinträchtigungen. Aus neurologischer Sicht wäre hiernach eine Tätigkeit in Wechselschicht, nicht aber in Nachtschicht, in Form leichter bis mittelschwerer Tätigkeit überwiegend im Sitzen, zeitweise auch im Gehen und Stehen zumutbar. Nach dem weiteren vom Gericht eingeholten Gutachten ist die Antragstellerin aufgrund orthopädischer Leiden bis auf Weiteres nicht in der Lage, drei Stunden täglich wettbewerbsmäßig tätig zu sein.
Nach alledem stand für das Gericht aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen und in der Zusammenschau beider Gutachten mit hinreichender Sicherheit fest, dass bei verständiger Würdigung eine reelle Erwerbschance auf dem Arbeitsmarkt für die Antragstellerin bis auf Weiteres nicht besteht.
Im Hinblick auf die rund 36-jährige Ehedauer und die Tatsache, dass es sich um eine Alleinverdienerehe handelt, aus der drei Kinder hervorgegangen sind, die von der Antragstellerin überwiegend betreut wurde, sowie in Ansehung der Umstände, dass die Antragstellerin bereits 60 Jahre alt und krankheitsbedingt erwerbsunfähig ist, kam eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts gemäß § 1578 b BGB nicht in Betracht. Umstände, aus denen sich ausnahmsweise dennoch eine Unbilligkeit der unbegrenzten Dauer der Unterhaltspflicht ergeben könnten, sind von Antragsgegnerseite weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Die Beschwerde des Antragsgegners wurde zurückgenommen.